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Die Verschuldungsgefahren des

Dollarsystems

Von F. William Engdahl, 25.8.03


George W. Bush hat ein paar wirklich grosse Probleme. Der Präsident muss die Wiederwahl im November 2004 gewinnen, und das Problem, über welches die Wähler sich die grössten Sorgen machen, ist die Gesundheit der US-Wirtschaft, nicht die von Saddam Hussein oder seiner Söhne. Um die wirtschaftliche Gesundheit der Vereinigten Staaten steht es schlechter als in den Regierungsstatistiken zugegeben wird. Der Krieg der USA im Irak wurde nicht geführt, weil Amerika so stark ist. Es war ein Eingeständnis der fundamentalen Schwäche, ein hochriskantes Spiel, ein Versuch, die ökonomischen Grundfesten des globalen Dollarsystems zu stabilisieren, welche schwächer denn je sind. Wirft man einen Blick auf den tatsächlichen Zustand der amerikanischen Wirtschaft, dann bekommt man eine Vorstellung davon, wie die Realität aussieht. Der Zusammenbruch des Aktienmarktes 2000 war nur der Anfang einer Serie grösserer finanzieller Schocks, die mit Sicherheit die Dollarwelt bald treffen werden.

«Ist es für eine Wirtschaft wichtig, eine produzierende Industrie zu haben?»

Der Chef der US-Notenbank verblüffte den amerikanischen Kongress kürzlich mit einer Aussage. Alan Greenspan gab zu, dass die amerikanische Wirtschaft heute kaum noch irgendeine herausragende Leistung in der industriellen Technologie oder Produktion aufweisen kann. Seine eigentliche Sorge bestehe jedoch darin, wie man ein amerikanisches Finanz-«Kartenhaus» stützen könne (das auf Tricks und Drohungen aufgebaut sei), um den Fluss von wenigstens 1,5 bis 2 Milliarden Dollar täglich an frischem Geld aus dem Ausland am Laufen zu halten, damit die Konsumenten weiterhin Unmengen geborgtes Geld ausgeben könnten.

In seinem Bericht vor dem Committee on Financial Services im Repräsentantenhaus am 15. Juli stellte Greenspan die schockierende Frage: «Ist es für eine Wirtschaft wichtig, eine produzierende Industrie zu haben? Diese Frage ist sehr umstritten.» Er antwortete: «Wichtig ist, dass die Wirtschaft Werte schafft, und ob diese Werte dadurch geschaffen werden, dass man Rohstoffe nimmt und aus diesen etwas produziert, was die Konsumenten wollen, oder ob Werte geschaffen werden durch verschiedene Dienstleistungen, die die Konsumenten wollen, sollte wahrscheinlich keinen grossen Unterschied in bezug auf den Lebensstandard machen, weil das Einkommen, die Fähigkeit zum Kauf vorhanden ist. Solange man sich nicht um den Zugang zu ausländischen Produzenten von Industriegütern sorgen muss, denke ich, dass man argumentieren kann, dass es keine Rolle spielt, ob man selbst produziert oder nicht.»

Übersetzt heisst das, dass Greenspan sagt, «es ist egal», ob die amerikanische Industrie sich hin zu billigen Produktionsstandorten in China oder Indien davonmacht. Es ist egal, dass die amerikanische Industrie nicht mehr genug Qualitätsprodukte im eigenen Land produziert oder dass - als Folge der Importe von Erzeugnissen - das amerikanische Handelsbilanzdefizit mit Japan, China, der EU und dem Rest der Welt die rekordbrechende Höhe von 500 Milliarden Dollar jährlich erreicht hat.

Was für Greenspan und Washington zählt, ist der Umstand, dass Ausländer weiterhin ihren Dollarüberschuss zurück in die US-Wirtschaft führen, eine weitere Form des Dollar-Recycling zusätzlich zum Petrodollar-Recyling. Das gibt dem gewöhnlichen Bürger «das Einkommen, die Kaufkraft», aber mit dem Geld anderer Leute!

Da sich der Welthandel mit Öl und vielen anderen Dingen in Dollar abspielt, kann die US-Wirtschaft Schulden auftürmen und mit geborgter Zeit und von geborgtem Geld leben, solange die Welt weiterhin den Dollar als Zahlungsmittel akzeptiert. Amerika lebt von geborgtem Geld, das heisst letztlich von den Ersparnissen der Welt, einschliesslich derjenigen Deutschlands, Frankreichs, Japans und Chinas. Da der Dollar immer noch Standard- oder Reservewährung für beinahe 65% des ganzen Welthandels ist, können nur die USA damit durchkommen, von «geborgtem» Geld zu leben. Dabei hilft auch, dass Amerika die einzige verbleibende militärische Supermacht ist.

1970 waren 30% der gesamten US-Arbeiterschaft in der produzierenden Industrie tätig. Mit dem Trend zum billigen globalen Outsourcing ist diese Zahl auf nur noch 15% gesunken. Multinationale Unternehmen der USA investieren 140 Milliarden Dollar jährlich in die Produktion im Ausland, eliminieren dabei Arbeitsplätze in den USA und höhlen die produzierende Industrie aus. Da bleibt nur eine «Dienstleistungs-» oder Konsumentenwirtschaft übrig, die von ausländischen Geldern und dem Dollar als Weltreservewährung abhängig ist. Eine gefährliche Kombination!

Greenspan spielt das financial «chicken»

Die heutige US-Wirtschaft konsumiert mindestens 150 Milliarden Dollar mehr, als im Inland produziert wird. Für Greenspan ist das in Ordnung. Keine andere Nation könnte sich solch ein Handelsbilanzdefizit leisten, ohne mit einer Währungskrise rechnen zu müssen. Ausländische Investoren würden das Risiko als zu hoch erachten, wenn - sagen wir - Deutschland oder Dänemark oder Japan ein Jahr nach dem anderen ein solches Defizit aufweisen würden. Die USA als einzige Supermacht glauben, dass sie es sich leisten können. Bisher haben sich die USA fast jedes Jahr dieses Defizit geleistet, seit Nixon den Goldstandard 1971 aufgehoben hat. Dieses Jahr wird das US-Handelsbilanzdefizit einen noch nie erreichten Rekord von 500 Milliarden Dollar erreichen. Das Finanzministerium lässt einfach Banknoten drucken, um den Prozess in Gang zu halten.

Die Frage ist, wie lange der Rest der Welt noch akzeptieren wird, dass seine realen Waren vom US-Finanzministerium und der amerikanischen Notenbank mit inflationären Dollars bezahlt werden?

Mit dem Euro hat die EU nun zum ersten Mal das Potential, eine Alternative zum Dollar zu bilden, die stark genug wäre. Die EU müsste allerdings auch entschlossen danach handeln. Eine knallharte Botschaft aus Washington war der Irak-Krieg. Er war eine Warnung an die EU, nur ja nicht irgendwelche Öl-für-Euro-Ideen zu entwickeln! Japan, China und Asien reden bereits über eine Alternative zum Dollar, scheinen aber das Risiko zu scheuen. Solange der Dollar der König des Welthandels und der Finanzwelt bleibt, wird es mit der Weltwirtschaft langsam bergab gehen, während die Dollarschulden steigen.

Ausländische Zentralbanken sind heute Gläubiger von mindestens 43% der gesamten Schulden des US-Finanzministeriums. Entschlössen sie sich plötzlich, nur einen kleinen Teil dieser Wertpapiere zu verkaufen und den Dollar fallenzulassen, dann würde das in den USA und anderswo grosse wirtschaftliche Schocks bewirken. Seit 1971 spielt Washington mit seinen Handelspartnern das Spiel financial chicken, das heisst, Washington spielt mit den Ängsten seiner Verbündeten, dass nämlich, falls der Dollar zusammenbräche, Deutschland oder Japan oder andere Hauptgläubiger der US-Schulden ebenfalls zu den Verlierern zählen würden. Dadurch konnte Washington in den vergangenen 30 Jahren weiter auf Pump und weit über seine Verhältnisse leben.

Die Bank von Japan und die Bank von China und einige andere asiatische Zentralbanken haben mittlerweile schätzungsweise 1,5 Billionen Dollar an US-Staatsanleihen oder Wertpapieren von halbstaatlichen Immobilienfinanziers wie Freddie Mac oder Fannie Mae (siehe Kasten auf Seite 2) gekauft, die hinter der momentanen «Immobilienblase» in den USA stehen.

Warum führen sie ihre Überschüsse in die USA zurück, indem sie amerikanische Obligationen kaufen? Weil den Ausländern, seit Nixon die Golddeckung des Dollars abschaffte, nichts anderes übrigblieb, wenn sie mit ihren Dollars wenigstens etwas Gewinn erzielen wollten. Sie können sie nicht mehr in Gold umtauschen. Und die «sicherste» Investition sind US-Staatsanleihen oder solche von halbstaatlichen Unternehmen wie diejenigen, die den amerikanischen Immobilienmarkt stützen.

China besitzt heute 340 Milliarden solcher Dollarreserven, Japan mehr als 200 Milliarden. Wenn ein Teil davon verkauft würde, sänke der Dollarkurs und dadurch entstünden grosse Verluste. Deshalb bleiben sie beim Dollar, sogar wenn dieser schwächer wird. Als Folge steigt die Nettoverschuldung der USA beim Rest der Welt. Heute sind es etwa 3 Billionen Dollar, und diese Summe wird bis Anfang 2004 auf mindestens 3,7 Billionen Dollar anwachsen. Asiatische Zentralbanken halten ungefähr 1,5 Billionen Dollar. Der Rest wird von Europäern oder anderen privaten oder öffentlichen Investoren gehalten.

Bis jetzt sind die USA in der Lage gewesen, vom Geld anderer Leute zu leben, weil sie wussten, dass der Europäischen Zentralbank (EZB) oder der Bank von Japan und anderen nichts anderes übrigblieb, als weiterhin mit den Dollars US-Staatsanleihen oder US-Wertpapiere zu kaufen. Denn wenn der Dollar tiefer als bisher fiele, wären auch die chinesischen, japanischen oder europäischen Exporte und Arbeitsplätze betroffen. Um das Risiko zu begrenzen, haben die Europäische Zentralbank und die Bank von Japan seit dem Irak-Krieg sehr viele Dollarwertpapiere gekauft. Mit den so erzwungenen Käufen übernimmt der Rest der Welt die Kosten einer ausser Kontrolle geratenen Verschuldung von Wirtschaft und Staat in den USA - eine De-Facto-«Steuer» für die restliche Welt.

Gibt es eine Grenze?

Einige fangen jetzt an zu fragen, ob es eine Grenze dafür gibt, wie lange asiatische oder europäische Zentralbanken und private Investoren noch ihr Geld in den Dollar investieren werden.

Der US-Wirtschaft ist es nur gelungen, eine ernste Rezession nach dem Kollaps des Aktienmarktes vor drei Jahren zu vermeiden, weil sich die Verbraucher in Rekordhöhe verschuldet haben. «Shop until you drop» (Kauf ein, bis du umfällst!) ist bei den Amerikanern ein beliebter Ausdruck. Die Notenbank hat die Kreditzinsen auf 1% gesenkt, die tiefste Zinsrate seit 45 Jahren. Ziel ist es, die Kosten der Verschuldung gering zu halten, so dass Familien weiterhin Kredite aufnehmen, um Geld auszugeben! Etwa 70% der US-Wirtschaft besteht aus den Ausgaben der Verbraucher. Der grösste Teil davon wird für den Kauf eines Eigenheims ausgegeben. Dieser Teil hat Rekordhöhen erreicht.

Das Anwachsen der Neuverschuldungsrate bei Familien hat jedoch alarmierende Höhen erreicht, während die produzierende Industrie insgesamt weiterhin stagniert oder sich im Rückgang befindet. Nur 74% der Kapazitäten von US-Fabriken sind momentan ausgelastet, ein beinahe historisches Tief. Bei so viel ungenutzter Kapazität gibt es nur eine kleine Chance, dass Firmen in naher Zukunft in neue Werke oder Arbeitsplätze investieren werden. Deshalb verlässt sich Greenspan weiterhin auf ausländische Gelder, um die aufgeblasene Verschuldung der Verbraucher durch eine niedrige Zinsrate weiterhin abzustützen. Würde kein ausländisches Geld mehr die US-Wirtschaft stützen, wäre die Notenbank gezwungen, die Zinsen zu erhöhen, damit Dollarinvestitionen attraktiver werden. Höhere Zinsen würden eine Krise bei den Verbraucherschulden sowie eine Zahlungsunfähigkeit bei den Hypotheken auslösen, die Deckung von Kreditkarten gefährden und das Autoleasing scheitern lassen. Erheblich höhere Zinsraten würden die US-Wirtschaft in eine tiefe Rezession oder noch Schlimmeres stürzen. Das könnte bald passieren, trotz der Hoffnungen des armen George W. Bush, wiedergewählt zu werden.

US-Haushalte haben in den ersten sechs Monaten diesen Jahres neue Hypotheken im Wert von 723 Milliarden Dollar aufgenommen. Die Zuwachsrate der Schulden hat sich gegenüber dem Jahr 2000 verdoppelt. Die jetzige Verschuldung durch Hypotheken in den USA beläuft sich auf knapp 5 Billionen Dollar, doppelt soviel wie 1996. Sie ist viel schneller gewachsen als das Pro-Kopf-Einkommen.

Die 20-Billionen-Dollar-Schuldenblase

Es gibt keine Erholung in den USA, sondern bloss einen mit Schulden finanzierten Kaufboom, der durch die neue Häuserkaufexplosion zustande kommt. Wenn wir die Millionen amerikanischer Familien einbeziehen, die sich dazu entschliessen, zur Bank zu gehen, um ihre alten Hypotheken zu refinanzieren sowie eine neue Hypothek aufzunehmen, erwartet die Mortgage Bankers Association (Hypothekarbankenvereinigung) für dieses Jahr einen Rekord von 3,3 Billionen Dollar Hypothekenanleihen. Das übersteigt den letztjährigen Rekord von 2,5 Billionen bei weitem.

Die Gesamtverschuldung der Haushalte hat im Juni die Höhe von 8,7 Billionen Dollar erreicht, das ist doppelt soviel wie 1994. Familien stimmen vermehrt längeren Abzahlungsfristen für ihre Schulden zu, wenn es sich um wichtige Güter wie Häuser oder Autos handelt. Im Durchschnitt beträgt die Dauer der neuen Darlehen für Autos 60,7 Monate, während es Ende 2002 noch 58 ,9 Monate waren. Die Darlehen für ein Auto belaufen sich im Durchschnitt auf 27970 Dollar. Das heisst, dass durchschnittlich Kredite für fast 28000 Dollar für ein neues Auto aufgenommen werden; ein neues Haus kostet im Durchschnitt 243000 Dollar; insgesamt eine signifikante Wertinflation in den letzten 3 Jahren.

Am meisten alarmiert die wachsende Verschuldung beim Kauf von Häusern oder Land. Damit der Konsument weiter konsumiert, hat die Zentralbank die Zinsrate seit 2001 dreizehnmal gesenkt, um damit den Hauskauf beim amerikanischen Durchschnittsbürger massiv anzuregen. Wegen der niedrigen Zinsen leihen sich viele Amerikaner Geld, um ein Haus zu kaufen. Die Banken konnten die Hypothekaranleihen an eine halbstaatliche Hypotheken -Garantiefirma «weiterverkaufen», entweder an Freddie Mac oder Fannie Mae. Diese halbstaatlichen Finanziers sind das Herz dieser letzten Blase, einer sich auf einige Billionen Dollar belaufenden Hypothekenblase. Mit extrem niedrigen Zinsraten hat die Notenbank überall in den USA ein Häuserkauffieber ausgelöst.

Da Freddie Mac dazu bereit ist, Darlehen zu kaufen, sorgen sich lokale Banken nicht über das Risiko der regionalen Häuserkäufe. Manchmal leihen Banken den willigen Konsumenten 100% oder gar 125% des genannten Werts eines Hauses und streichen riesige Zinsgewinne ein. Das einzige Problem ist, dass es auf Grund der steigenden Arbeitslosigkeit und einer Wirtschaft, die nicht wächst, eines Tages einen furchtbaren Zusammenprall mit der Realität geben wird, und zwar dann, wenn der Markt für Immobiliendarlehen seine Grenzen erreicht hat. Dann besteht die Gefahr, dass der Konsument aufhört zu kaufen, aber die produzierende Industrie nicht stark genug ist, neue Jobs und eine wirkliche wirtschaftliche Erholung herbeizuführen.

Vielleicht haben wir diesen Punkt heute schon erreicht. Vor ein paar Wochen ist die Zinsrate in den USA innerhalb von zwei Wochen stark gestiegen, als Inhaber von US-Anleihen begannen, diese fast panikartig zu verkaufen. Sie befürchten, dass der Immobilienboom vorbei ist, und versuchen deshalb, soviel Gewinn wie möglich herauszuschlagen, bevor die Preise zusammenbrechen. Es wird berichtet, dass die Europäische Zentralbank ihre Mitgliederbanken anweist, wegen des Risikos keine Papiere von Freddie Mac oder anderen Regierungsagenturen zu kaufen. Diese Warnung hat Banken in der ganzen Welt veranlasst, ihre grossen Investitionen in US-Anleihen zu überdenken.

Die US-Wirtschaft ist auf einer Pyramide von Schulden aufgebaut, insgesamt 20 Billionen Dollar privater und öffentlicher Schulden, was laut der Bond Market Association einem Wachstum von 400% seit 1985 entspricht. Solange Greenspan Ausländer überzeugen kann, weiterhin Dollarschulden zu kaufen, können Amerikaner japanische Autos, chinesische PCs, italienische Schuhe oder deutsche BMWs kaufen, und die ausländischen Zentralbanken werden ihre Dollargewinne wieder in Dollar zurückinvestieren. Wenn die Dollar-Recycling-Kette bricht und das Vertrauen in genau diesen Dollar schwindet, dann können Greenspan oder Bush wenig unternehmen, um das zu stoppen.

Diese 20-Billionen-Dollar-Schuldenblase - von einigen wird sie auf 34 Billionen Dollar geschätzt - ist eine weitaus gefährlichere Massenvernichtungswaffe, die die Vereinigten Staaten und den Rest der Welt bedroht, als irgendeine militärische Massenvernichtungswaffe im Irak oder Nordkorea. Die Aussenpolitk Washingtons ist ein verzweifelter Versuch zu verhindern, dass diese Massenvernichtungswaffe explodiert.


Auch Amerikas private Pensionskassen

befinden sich in der Krise

Ein weiterer Hinweis auf den ungesunden Zustand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Vereinigten Staaten sind die zunehmenden Enthüllungen, wie es tatsächlich um die betrieblichen Pensionskassen steht.

Die Regierung hat kürzlich die Pension Benefit Guaranty Corporation PBGC (Garantiegesellschaft für leistungsorientierte Pensionsfonds) auf die Liste der «Hochrisiko» -Regierungsorganisationen gesetzt, mit der Warnung, dass das staatlich garantierte System privater Pensionen «leider gefährdet ist». Das ist keine Kleinigkeit. Es betrifft etwa 44 Millionen im privaten Sektor tätige Arbeitnehmer, die über ihre Unternehmen versichert sind. Arbeitgeber sollen in guten Jahren Geld auf die Seite tun, um den Bedarf für die Renten zu decken. Während der Aktienblase von 1997 bis 2001 haben viele Firmen ihre Pensionsverpflichtungen ignoriert und das Geld benutzt, um die Firmengewinne zu schönen, und trieben so ihre eigenen Börsenwerte in die Höhe.

Jetzt, wo der Aktienmarkt bereits seit drei Jahren zusammengebrochen ist und die Zinsraten der Wertpapiere ihren tiefsten Stand seit 45 Jahren erreicht haben, weisen die Pensionskassen der Firmen ein Loch von ungefähr 350 Milliarden Dollar für die nächsten Jahre auf. Nach dem Bankrott von Enron und WorldCom konnte eine grosse Zahl von Firmen die Zahlungen an ihre Rentenfonds nicht leisten, wodurch die Notreserven des staatlichen Garantiefonds der PBCC geleert wurden.

Im Kongress und in der Geschäftswelt sowie bei den Gewerkschaften gibt es eine hitzige Debatte über diese wachsende Krise bei den Pensionskassen. Schlussendlich werden wahrscheinlich die Steuerzahler diese privaten Pensionen bezahlen müssen, denn die Firmen haben ihre Ressourcen in der Aktienblase törichterweise verspielt und viel verloren.

Fannie Mae und Freddie Mac

In den vergangenen Jahren erreichte die Zahl der Amerikaner, die ein eigenes Haus besitzen, astronomische Höhen. Viele der Kredite der Hausbesitzer und die damit verbundenen Schulden werden von zwei Gesellschaften gewährt, die von der US-Regierung «gesponsert» werden: Fannie Mae und Freddie Mac. Sie sind auch unter der Bezeichnung Government Sponsored Enterprises (von der Regierung finanzierte Unternehmen) bekannt. Ihr Name wurde aus den Anfangsbuchstaben abgeleitet. Die FNMA oder Bundesweite Hypotheken Agentur - auch als Fannie Mae bekannt - wurde während der grossen Depression im Jahre 1938 gegründet, um Banken beim Verleihen von Geldern beim Hauskauf eine finanzielle Unterstützung zu geben. Die FHLMC, Bundesdarlehenskasse für Eigenheimhypotheken - oder Freddie Mac - wurde 1970 vom Kongress gegründet, um in etwa die gleichen Aufgaben zu erfüllen und einen Wettbewerb mit Fannie Mae zu ermöglichen. Der Kongress rief beide als besondere, von der Regierung finanzierte Unternehmen ins Leben, um mit diesem Trick die Bundesverschuldung kleiner erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich war.

Beide Firmen sind private Aktiengesellschaften, deren Besitzer grosse Banken oder Finanzinstitute sind. Sie sind dazu da, ihren Aktionären Gewinne zu verschaffen. Dies tun sie, indem sie individuelle Hypothekenanleihen von lokalen Banken kaufen, so dass die lokalen Banken das Anleihenrisiko loswerden und etwas in die Kasse kommt. Heute geben lokale Banken Darlehen an beinahe jeden, der darum ersucht, weil sie billige Kredite zur Ankurbelung des Hauskaufs von der Bundesbank erhalten und gleichzeitig wissen, dass sie das Risiko unmittelbar an Freddie Mac oder Fannie Mae abtreten können. Das heisst, mit zunehmend schwieriger werdender wirtschaftlicher Situation wird wahrscheinlich die Zahl derer, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können, explodieren. Sie sind kaum zu steuern, und nur wenige wissen um die Details ihrer finanziellen Transaktionen.

Fannie Mae zahlt für diese Bankhypotheken mittels einer Technik, die man «Sicherheit» nennt, bei der Hunderte oder Tausende individueller Eigenheimhypotheken mit ihren monatlichen Zahlungen in grossen Anlagefonds zusammengefasst und dann verkauft werden. Die Fannie-Mae-Anleihe wird an private Investoren oder in vielen Fällen an ausländische Zentralbanken verkauft, die auf der Suche nach sicheren Dollar -Investmentgeschäften sind. Von den Anleihen glaubt man, sie seien so sicher wie die Anleihen der US-Schatzkammer.

Der Unterschied besteht aber darin, dass die Finanzmärkte automatisch annehmen, dass diese Garantie «stillschweigend» existiert, während der Kongress sich geweigert hat, die volle Regierungsgarantie für Fannie Mae oder Freddie Mac zu übernehmen. So lange Mae oder Mac Profite machen, ernten deren private Besitzer die Gewinne. Aber wenn es einmal eine wirkliche Finanzkrise gäbe und die Hausbesitzer, deren Hypotheken von Freddie Mac gekauft worden sind, in Verzug kommen, weil sie ihren monatlichen Zahlungen nicht mehr länger nachkommen können, dann ginge das Risiko an die Steuerzahler. Die Regierung müsste dann eingreifen, so wie sie es in den 80er Jahren tat, als die Krise der Spar- und Hypothekenbank auftrat und sie Milliarden Dollar schwere defizitäre Anleihen kaufen musste, um eine Panik auf dem Finanzmarkt zu vermeiden.

Das ist es auf jeden Fall, worauf Finanzinvestoren bei Freddie Mac setzen. Die Steuerzahler bezahlten 180 Milliarden Dollar für das Spar- und Hypothekenbank-Debakel. Heute beträgt der Gesamtwert der von Freddie Mac und Fannie Mae garantierten Hypotheken weit über 2,6 Billionen Dollar. Das macht einige Leute ziemlich nervös. Viele der Hypotheken sind «regulierbare Hypothekenzinssätze», was bedeutet: Wenn der Zinssatz jetzt steigt, dann steigen auch die monatlichen Zinszahlungen. Das könnte der Auslöser für eine Flut von zahlungsunfähigen Schuldnern sein. Dieses Risiko ist einer der Gründe, warum die Europäische Zentralbank kürzlich ihre Mitglieder davor warnte, die Anleihen von Freddie Mac oder anderer von der Regierung gesponserter Unternehmungen zu kaufen.

Aus: Zeit-Fragen Nr.31 vom 25.8.2003

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